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Die Künstlermappe

Diese Seite widme ich meinem Freund Rolf, der einen Riesenbeitrag damit im Forum gelandet hat, er und Annette haben über Künstler der Insel Dinge zutage gebracht, die kaum einer von den Formenterafreunden kennt.
Rolf hatte das Material aus der Gregal Mappe und Annette ihr Wissen dazu.

Damit dieser Beitrag immer ganz oben bleibt, mit Zitaten und Bildern……

”Gregal ist geboren”

ich muss gestehen, dass ich jahrelang schwanger war. ich war schwanger mit dem Wunsch: wo nur finde ich diesen Schatz. denn es ist wahrhaftig ein außergewöhnlicher Schatz. ein Schatz geprägt von Menschen, die vor langer zeit gleichzeitig auf Formentera lebten. bzw.. jetzt noch leben (Nik Schmid) ich habe ihn gefunden auf Formentera. und er wurde mir sogar geschenkt. im September 2005 von Nik Schmid persönlich.

insgesamt neun Grafiken und vier Texte zum Thema Formentera. Auflage 190 stück. ich habe die 19/190. preis damals 100 D-Mark. viel Kunst für wenig Geld und für mich jetzt unverkäuflich.” (Zitat)

Und nun viel Spaß beim Lesen und Anschauen der Werke....

 

Inhalt

Ein Werk von Peter Buch:

Peter Buch

Forumsmitglied Annette weiss zu Peter Buch:

     “
Peter Buch als keinen Freund des tiefschürfenden Meinungsaustauschs zu bezeichnen, wäre stark untertrieben. Das ist natürlich völlig subjektiv und andere mögen ihn als charmanten Plauderer erlebt haben. Ich nicht. Aber sein ganzer Witz und viel Skurrilität kommt in seinen Arbeiten zum Ausdruck. In der Fonda hatte er etwas Hieratisches, worauf sich vielleicht auch sein außergewöhnlicher und mehr oder weniger neidlos anerkannter Erfolg beim weiblichen Geschlecht gründete...

Er ist '38 geboren und  wohnt jetzt auf dem spanischen Festland,  glaube ich, zumindest habe ich nichts Gegenteiliges gehört. Aber das heisst wohl nicht, dass er Formentera völlig den Rücken gekehrt hätte.

Was mir ganz wichtig scheint : er hat einen Sohn, Orson Buch, den ich als 10- oder 11-jähriges Sprachgenie in Erinnerung habe (er sprach fliessend deutsch, spanisch, englisch, französisch) und der jetzt als Maler in Paris lebt”.

 

Helmut Potratz:

 

Helmut Potratz

Annette erinnert sich:

        “ Helmut Potratz ist 1940 in Frankfurt am Main geboren und hat von 1976 bis 1987 auf Formentera (Punta Prima) gelebt, seit 1987 wohnt und arbeitet er in Berlin. Allerdings hat er den vergangenen Winter wieder auf Formentera verbracht und dürfte sich gerade mental auf die Rückkehr in sein Kreuzberger Atelier vorbereiten.

Auf Formentera hat er hauptsächlich Zeichnungen, Lithographien und Radierungen gemacht, dabei immer Eindrücke aus der unmittelbaren Lebenswelt (in diesem Fall Strandgut) mit verarbeitet. Er konnte und kann auch immer noch stundenlang einen Stein, ein angeschwemmtes Stück Holz, eine Muschel betrachten und  sich darüber begeistern.

Seine damalige Stilrichtung : "phantastischer Realismus", die Technik : Pointillismus.  Seine Vorgehensweise hat sich in der Zwischenzeit grundlegend verändert, die  Phantasie ist die gleiche geblieben und an Skurrilität steht er Peter Buch in nichts nach. (Aber er ist sehr viel gesprächiger.)

Wenn ich ihn in Formentera besuchen kam, hat er mich überallhin mitgenommen, mir alles gezeigt, ich weiss nicht mehr, wie oft wir (manchmal allerdings nicht rechtzeitig) aufgebrochen sind, um Sonnenauf- und Sonnenuntergänge zu bewundern. Und eine zentrale Anlaufstelle war natürlich die Fonda. Auf die komme ich irgendwie immer wieder zurück...”

Und hat auch noch ein Bild dazu:

   

slide

Hier noch Mal Peter Buch:

 

gregal-peter-buch1
gregal-peter-buch 2

Zitat Charly:

 Formentera ist schon eine tolle Insel
so phantastische Künstler die dort schaffen / schufen
auf so einer kleinen Insel
macht pro qm sicherlich eine maximale kunstdichte...
dazu eine Frau wie Annette - die davon detailliert berichtet

das Leben kann schon toll sein –

 

Robert Ralston

irgendwie sogar ein Bilderrätsel, wenn man genau hin sieht..

Robert Ralston

Niklaus Schmid:

Juan geht wieder fischen.. 

Es war ein tag wie jeder andere.

Auf einer kleinen, kargen Insel im Mittelmeer...

Sie sitzen mit gekreuzten Beinen auf steinigem Boden. Den blick aufs Meer, blau, bis hin zum dunstgrauen Schattenriss der Isla Vedra. Im Rücken ein ungeheuer aus Beton und eisernen Gräten, fortschritt genannt. In rissigen Händen ein Fischernetz, engmaschige Tradition.

A: sie haben uns die Luft genommen.

B: sie haben Maschinen gebracht.

A: sie haben uns die stille genommen.

B: sie haben Arbeit gebracht. Du weißt, noch vor Jahren...

A: ich weiß, Arbeit. Arbeit sogar für Handwerker aus Andalusien und für Geschäftsleute aus dem norden. Sie haben unser Land genommen.

B: gekauft.

A: gut, gekauft. Und mauern drum herumgezogen. Zuviel neues, zu viel Technik. Das bedrückt mich.

B: ich sah dich lachen, gestern, nach gutem fang, im Fernsehen kämpften drei Engel für Charlie .auch das ist neu, die Technik.

A: ja, ich habe gelacht, war trotzdem traurig. Sie haben uns, versteh, das wesentliche genommen und unwesentliche dinge gebracht. Warum können wir es nicht wie sie machen, das, was sie wollen, in Kisten packen und ihnen zuschicken?

B: die sonne? Die Pinien? Den Duft von Thymian und Rosmarin? Den Strand? Das blau des Meeres? Das licht der Salinen? Die trachten der alten Frauen? (wird unterbrochen. Eine Urlauberin im Bikini erhebt sich aus der nachempfundenen hocke der Fotoprofis, sagt halblaut und zögernd „gracias“ und dann zu ihrem Begleiter: „die merken nichts, die kümmert nichts, das sind noch echte Fischer“).

A.: sag, wer rief sie denn die viel zu vielen?

B: wir

A: wir? Warum?

B: sie sollten uns unabhängig machen vom unsicheren Fischfang, von mageren ernten, vom dienst auf fremden schiffen.

A: nun sind wir abhängig von ihnen.

B: und von unserer Bequemlichkeit.

A: jetzt haben wir andere ängste. Letzte Nacht, am Rande der Mola, unterm vielspeichigen Lichtrad des Leuchtturms, sah ich eine Seemöwe auf Nahrungssuche. Das Wasser, die wie flüssiges Blei, hielt sie gefangen. Verstehst du das?

B: ein Traum, ein böser Traum. Sonst nichts.

A: sie haben unsere träume verändert. Sie werden, wenn’s so weitergeht, unser denken verändern.

B: jaja, wie`s vor ihnen die Besucher taten. Die Phönizier, die Sarazenen, die Mauren, die Wandalen, die Normannen, und die Männer aus Aragon. Wie schon seit dreitausend Jahren.

A: die sind wieder gegangen.

B: oder wie wir geworden. Es ist igual. Gleichgültigkeit hilft uns, Toleranz ist die einzig große Kraft auf der Insel.

A: du sagst: igual igual. Alles ist gleich ? nichts ändert sich?

B: doch ständig: Juan hat seine Strandbar verkauft, Juan geht wieder fischen.

Annette weiß dazu:

“Ich finde, das ist auch vom Stil her ein typischer 70er-Jahre-Text, d.h. er scheint dokumentarisch, als hätte jemand ein Gespräch mit dem Tonband aufgezeichnet.

Aber kann das sein ? Ist es wahrscheinlich, dass sich zwei Fischer auf Formentera so etwas zu sagen hatten? Ist es nicht eigentlich und wie so oft, wenn es um Formentera geht, ein Ausdruck der  Suche des Deutschen nach der "Urnatur", dem verlorenen Paradies?”

 

Anette Pedersen:

 

Anette Pedersen

Julian Asensio

Julian Asensio

Das kann keine Radierung von Julian Asensio sein, sonst hätte er ein mir verborgenes Doppelleben geführt

Allerdings weiß ich jetzt leider auch nicht so genau, wer als Schöpfer sonst in Frage kommt (Boetschi, Deleval, Vielba ?)

Das müsste nochmal überprüft werden...”

Annette
________________

Korrektur:

Jean Jaques Bötschi!

Rolf
_______________________

Ok, habe endlich verstanden, JJB also Jean-Jacques Boetschi. Im Internet gibt es so viele Abkürzungen, dass ich manchmal nicht mehr durchblicke  Aber meine erste Intuition war dann wohl auch die richtige.

Von Boetschi kenne ich die Malerei aus der damaligen Zeit, extrem düster und "primitiv", das heisst menschenartige Wesen wie grob aus Holzklötzen gehauen dargestellt, alles ein bisschen furchteinflössend.

Aber Jean-Jacques gar nicht ! Ich habe ja schon mal erzählt, dass meine erste Ankunft auf Formentera etwas abenteuerlich war, mein Brief diese ankündigend kam natürlich erst drei Monate später an. Ich stand also am Hafen und kannte den Namen meines Onkels, konnte kein Wort Spanisch und wusste dann noch : Punta Prima und Fonda Pepe.

Schnell stellte sich heraus, dass es unmöglich war, auf Punta Prima ein Haus zu finden, wenn man nur den Namen des Bewohners kannte, zumindest der Taxifahrer konnte das nicht...

Also blieb die Fonda Pepe. Und dort habe ich den ersten Langhaarigen angesprochen, der aussah, als ob er Helmut Potratz kennen könnte. Der hat mich, oh Wunder, dann auch sofort zu Helmuts Haus geführt, und das war Jean-Jacques Boetschi. Ich habe ihn als netten, zurückhaltenden Menschen in Erinnerung. Er ist gebürtiger Schweizer und hat in Paris Kunst studiert. 

Mit der Zeit wurde er wohl etwas wunderlich. Im Internet wird übrigens auf Hansis Homepage (ich bin jetzt zu faul, um den link rauszusuchen) eine Begegnung mit ihm erzählt. Er wohnt auf La Mola, ist also der einzige von den "Gregal-Künstlern", die ich kennengelernt habe, der immer noch auf Formentera lebt.

Annette
___________________

Bella Brisel:

 

Bella Brisel

Rolf:
hier könnte ich Hilfe brauchen. evtl. Annette? Jean Jaques Deleval?

Jean Jaques Deleval

Annette:

          “ Ich glaube schon, dass es sich bei der zweiten Radierung um eine von Jean-Jacques Deleval handelt, der Stil spricht dafür.

Deleval, ja der war und ist sicher immer noch ein Typ, wie man sich den Künstler so landläufig vorstellt. Franzose, lange Locken, hat die Ecole du Louvre besucht und wurde eigenen Angaben zufolge schon als Wunderkind gehandelt. Auf Formentera lebte er mit Frau, Kind, einer Pythonschlange (die glücklicherweise zumeist in einem Korb schlief) und einem kleinen chinesischen Hund, der hin und wieder epileptische Anfälle bekam.

Surrealistische Malerei, so ein bisschen in der Folge von Dali und technisch absolut perfekt ! '95 habe ich noch eine Vernissage von ihm in San Francisco besucht, in der Zwischenzeit lebt er glaube ich in Brüssel.

Meine Statements hören sich vielleicht etwas respektlos an und ich habe natürlich, wie immer, meine Gründe dafür  Von den Künstlern, die ich kenne, ist er aber einer der international erfolgreicheren, das muss betont werden. Und in den Weiten des Internet kann man wohl zumindest eins seiner Werke besichtigen, viel Spaß beim Suchen!
Also ich stelle jetzt mal das bewusste Bild von Jean-Jacques Deleval hier rein, die Qualität ist besch... und es handelt sich sicher nicht um eines seiner besten, ich habe jedenfalls interessantere gesehen. Trotzdem, mangels anderer Quellen..”.

 

Mickey

Baram:

Baram

Annette:
       “
Bella Brisel und Sioma Baram : ein israelisches Künstlerehepaar, mit etwas mehr künstlerischem Hintergrundwissen (oder wenn ich etwas älter wäre) hätte ich sie sicherlich getrennt behandeln können...

Baram ist 1919 in Bessarabien (wo auch immer das liegen mag) geboren und 1939 nach Israel ausgewandert, Bella ist 1929 in Jerusalem geboren. Beide haben 1950 die Ecole du Louvre in Paris besucht und ab 1953 viel Zeit auf Formentera verbracht.

Baram hat übrigens auf der Seite der Engländer in Nordafrika gekämpft, später auch in der israelischen Armee. Seine Arbeiten haben sich mehr und mehr mit dem Schicksal des jüdischen Volkes beschäftigt, oft konnte man auf seinen wie aus Träumen entsprungenen Radierungen die Hügel Jerusalems erkennen, am Ende seines Lebens hat er an einer Serie über Bethlehem gearbeitet. Die Darstellung war surrealistisch, viele Symbole fanden Eingang, immer wieder : die Friedenstaube als Zeichen der Hoffnung.

Von Bella kenne ich hauptsächlich Darstellungen von Frauen und Kindern, immer in dem Stil, den man auch auf der Radierung sehen kann, die Rolf ins Forum gestellt hat. Sie hat auf Formentera die gemeinsam mit ihrem Mann gegründete Galerie : Bella & Sioma Baram betrieben, in der viele der dort ansässigen Künstler (aber auch andere) ausgestellt haben.

Da Baram 1980 auf Formentera gestorben ist (ich weiss leider nicht, was aus Bella geworden ist), habe ich die beiden nur kurz kennengelernt und war natürlich noch ziemlich jung, schüchtern und unbedarft. Was mich damals besonders beeindruckt hat : ihr Grundstück, eine blühende Oase, mit damals revolutionären aus Israel importierten Bewässerungsmethoden ins Leben gerufen. Und dass Baram mich unmittelbar angesprochen und spontan als gleichwertig angenommen hat (das war für mich als 16-jährige wirklich eher selten). Er hat mir so Fragen gestellt wie: "Was hältst du von x ? Ich finde ihn schrecklich !" und dann auch auf meine Meinung Wert gelegt.

Jedenfalls spricht daraus meiner Meinung nach eine grosse Aufgeschlossenheit und ein echtes Interesse an anderen Menschen.”

 

Julian Asensio:

 

Julian Asensio 2

Julian Asensios Arbeiten strahlen insgesamt Ruhe aus und obwohl sie beim ersten Hinsehen total unspektakulär scheinen, erschliessen sie sich langsam, wenn man täglich mit ihnen lebt.

Der Maler ist 1928 in Südfrankreich als Sohn spanischer Einwanderer geboren. Es war sein wesentlich älterer Schwager Baudinier, selbst Künstler und Professor an der Kunsthochschule von Nizza, der sein Talent entdeckte. Julian ging also nach Paris (für einen französischen Künstler damals unumgänglich) und arbeitete, um seine Malerei zu finanzieren, als Modell im Atelier von Fernand Leger.

Im Paris der 50er und 60er Jahre kannte er eine Menge Leute, die in Deutschland vielleicht bekanntesten : den Architekten Le Corbusier, den "Filmemacher" und Hauptdarsteller seiner eigenen Werke Jacques Tati, den Modeschöpfer Courrèges. Seit 1969 wohnte Julian Asensio dann ständig auf Formentera (Es Carnatge) und hat auch wieder die spanische Staatsbürgerschaft angenommen.

Im Gegensatz zu vielen seiner Grafiken war seine Malerei abstrakt, in der Nachfolge von Picasso postkubistisch, auch von Robert Delaunay und Glaize beeinflusst. Seine Bilder haben fast durchgehend eine religiöse Thematik, nicht dass er religiös gewesen wäre im Sinne : in die Kirche gehen, aber er glaubte an eine höhere Ordnung des Universums, der er in seiner Malerei nachspürte.

Er war ein schwieriger, da sehr verletzlicher und sensibler Mensch, überhaupt nicht glamourös aber eine meiner Kusinen, die uns mal besuchte, sagte sofort : der sieht aus wie ein richtiger Künstler. Und das war er auch.

Er ist 1999 auf Formentera gestorben. Leider habe ich nicht viel anderes von ihm zu zeigen, ich weiss zwar, wer mehr Bilder von ihm hat, die Leute haben aber leider alle keinen Internetanschluss. Ein Skandal  !!!

Also hier nur noch eine kleine "Gelegenheitsgrafik", dann mein Bild, das bei mir im Wohnzimmer hängt (zwischen den ganzen Grafiken von Helmut) und ein Foto von Julian von einer Ausstellungseröffnung Ende der 70er.”

Annette

Maternite
gato

Julien

Julien_1_1

Rolf: wo war die "galeria iris" ? falls auf Formentera, wer war Iris?

Annette: Auf Formentera war die "galeria iris" schon, vielleicht in Es Pujols. Und mehr fällt mir im Augenblick dazu leider nicht ein...
Rolf: mein spontaner Eindruck war auch es Pujols. die ehemaligen Garagen, aus denen die heutige "Meile" entstand.
erkennt jemand mehr dazu?

Gerdi: ich weiss nicht mehr wer es war, Nobbi oder Günther. Einer von beiden hat mal ein Foto hier eingestellt als Markus uns die Meile näherbrachte und zwar das Foto vom "Wigwam". Welche Ähnlichkeit. Dort war nach "Iris" eine Engländerin drin die Kleidung verkaufte. Das war Mitte 70er Jahre.
Nobbi: Ganz in der Nähe:

Trastos

_______________
War`s das?  (von Uschi Burger Precht)

 

er ist auf die insel gekommen

mit dem flugzeug

die zugestandenen urlaubstage sind knapp, vierzehn

und es muß schnell gehen

und es war nicht zu teuer

das sonderangebot.

 

zuhause kann auch nichts laufen

mit der familie

und es regnet auch immer.

in den ferien, auf der insel

wo immer die sonne scheint

wird er zu leben beginnen

ohne frau und kinder.

 

es ist wärmer auf der insel

er schwitzt

und es ist grüner als zuhause

es ist zu sehen

das meer ist da und es bewegt sich

er kann es hören

und es ist blau, ja blau.

zwischen zwei zigaretten, meint er auch

es würde anders riechen, hier auf der insel

er ist sich nicht so sicher dabei.

 

wie war das noch mal, mit dem leben

wie geht das doch gleich?

nur langsam, der urlaub fängt ja erst an.

er geht in die kneipe

und am tisch nebenan sitzt ein anderer mann

so mitte vierzig, nicht mehr so jung

und etwas dick geworden, im laufe der zeit.

wartet er auch auf das leben?

 

die tage sind geregelt

mit vollpension

und er will auch was haben für sein geld

und braun werden muß er auch

nicht, dass seine kollegen glauben

es war kein urlaub mehr drin.

 

nur

eine frau kann er nicht finden

aber das macht nichts

er fährt ja bald nach haus

und dort warten seine frau und die kinder

und vielleicht ist das auch schon ein stück leben.

wenn nicht

nächstes jahr, auf der insel

kann er immer noch anfangen zu leben.

 

____________________
 

 

Kathrin Käppeli

 

Name: maria

Alter: 78 jahre

Ort: formentera

 

Meine hände sind alt und verbraucht.

Was ich anfasse zerbricht.

Meine hässlichen, alten hände verurteilen mich, als schmarotzer meiner kinder zu vegetieren.

Früher gruben sie in der erde,

schützten die kinder, versorgten das vieh.

Es galt zu überleben.

Wir zogen als knechte der armen von haus zu haus.

Mein rücken beugte sich über fremden grund.

Fremde rosen übernahmen die kraft meiner hände, sie gaben mir leben.

Dann starb der vater.

Wir zogen um.

Mein haus! Mein baum! Mein bett! Meine zukunft!

Ich wollte unser glück, unser heim in einen blumengarten verwandeln.

Mein mann war dagegen, er wollte kartoffeln.

So vergingen die jahre.

Ich vergaß den geruch der blühenden rosen, wurde alt und krank.

Heute hätte ich zeit blumen zu ziehen. Doch meine hände sind krank und müde.

Sie zerstören das leben, übertragen mein unglück auf menschen, pflanzen und tiere.

So sitze ich, altes unnützes weib, vor dem haus meines sohnes.

Vor mir das leere beet, die vertraute erde.

Die rose stirbt.

___________________________

Marions Beitrag:

“habe einen wunderschönen Gedichtband "Inselerde", 1. Auflage 1980,limitiert auf 500 und handnummeriert (bin stolze Besitzerin von No. 47!). Herausgegeben wurde das Buch von Niklaus Schmid, gewidmet "James con hielo". Das Buch enthält Lyrik aus Formentera von Ernesto Ehrenfeld, Christina Mattner, Karen Heidenreich, Eva Will, Catalina Costa Mayans, Kathrin Käppeli, René E. Mueller sowie ein paar Abdrucke von Lithographien und Radierungen von Julian Asensio, Helmut Potratz, Mogen Egil, Peter Buch, Bella Brisel, Sioma Baram, Marc Tara. Die meisten Personen kenne/kannte ich persönlich, etliche habe ich in meiner Inselgalerie in den 80er Jahren ausgestellt.”

Hier ein Gedicht von Karen Heidenreich:

Die Stille der Nacht

schwingt wie eine Glocke.

Der Sand ist blau

Und das Gestrüpp steht

im dunklen Grün.

Südwärts schieben Wolken

Kamelhöcker über den Horizont

Helle aus Jadegrün

Die Sterne zittern.

Unter jedem Schritt

knirscht der Sand

Unbewegt steht Kälte im Raum

Verdichtet

müsste zwischen Himmel und Erde

ein Kristall stehen.

Licht tanzt unter dem Himmel

fächert auf,

erlischt

Der Himmel ist dunkler geworden

Die Nacht tiefer

Die Stille dröhnender als zuvor.

___________________

name: marie

alter: 28 jahre

ort: formentera

 

mon amour,

ich ging vor einigen monaten

heimlich von dir weg, da ich zu schwach war,

mich im schatten deiner liebe zu verwirklichen.

 ein alter stall ist mein neues heim geworden.
hier wohnten die knechte der armen.
 meine gedanken werden vom duft der verwilderten rosen
vor meinem haus begleitet.

mich bindet die solidarität mit jener frau,

die vor mir ihre liebe in die pflege dieser pflanzen investierte.

sie unterstützt mich auf der suche nach meiner verkümmerten weiblichkeit.
 

es fällt mir nicht leicht die neue einsamkeit zu überwinden. die nächtlichen sterne weisen mir den weg aus meiner isolation, hin zu neuen begegnungen.

ich werde zur blume der nacht und lasse mich einschläfern von den morgendlichen taugerüchen. mit jedem schritt finde ich zu einem verschütteten teil meines frau-seins zurück.

mein körper wird mir vertrauter als je zuvor in der zweisamkeit unserer liebe. das betrachten des meeres ist meditation , beruhigt und festigt meine sich neu formierenden vorstellungen, die in die zukunft drängen.

eine zukunft mit dir, in der wir aus unserer verkarsteten zweierbeziehung ausbrechen müssen, um neue, uns gerechtere lebensformen zu finden.

ich beginne zu leben, erblühe wie eine rose.

kathrin käppeli, geschrieben 1980 auf formentera für die gregal-mappe.

 

______________________

 

Fortsetzung folgt

 

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